Silvan Gisler
17 Blogposts
Silvan Gisler ist freischaffender Journalist, Redaktor des Winterthurer Kulturmagazins Coucou, Mitglied von Operation Libero sowie Blogverantwortlicher für foraus – Forum Aussenpolitik (forausblog.ch).
Silvan Gisler ist freischaffender Journalist, Redaktor des Winterthurer Kulturmagazins Coucou, Mitglied von Operation Libero sowie Blogverantwortlicher für foraus – Forum Aussenpolitik (forausblog.ch).
Sie schienen in der Moderne ein überholtes Modell und feiern heute ein vermeintliches Comeback: Wände und Mauern. In den Köpfen aber waren sie wohl nie ganz weg. Sie sind die wichtigste Hürde, welche die liberale Gesellschaft zu überwinden hat.
Wir seien die Weltmeister des Understatements, sagt man. Dabei überschätzen wir uns in jüngster Zeit stetig. Ein wenig kritische Selbstreflexion würde da gut tun.
Über den Lärm, der in den Gassen Zürichs herrscht, wird rege diskutiert. Verfolgt man die Diskussionen, könnte man meinen, dass der Lärm allmählich überhandnimmt. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Die Lebendigkeit der Stadt wird laufend domestiziert. Um dem entgegenzuwirken, bräuchte es radikale Änderungen – zum Beispiel Urbanzonen.
Nicht die Burka ist das Problem, sondern unsere eigene Sichtweise auf die Welt, in der wir leben. Es ist eine kulturalistische und elitäre Sichtweise, in der wir verkennen, dass sich die postmigrantische Schweiz schon längst nicht mehr auf eine einzelne Identität festlegen lässt – geschweige denn die Menschen, die darin leben. Der identitäre Schleier gehört endlich abgelegt.
Gleich zwei Kulturleitbilder – vom Kanton Zürich und von der Stadt Winterthur – wurden in den letzten Wochen vorgestellt. Obwohl «Vielfalt», «Nischen», «Freie Szenen» und «Kreativität» ihre Streicheleinheiten kriegen, herrscht vor lauter Leuchttürmen und Strahlkraft am Ende nur Überblendung.
Ihr kennt sie: Die durch Sonnenstrahlen verursachte, alljährliche städtische Metamorphose von kaltem Beton zu heissem Stein. Kommt Frühling, kommt Glück – und plötzlich ist die Stadt Zürich ein andere. Doch während die Leute nach draussen strömen, wird der öffentliche Raum in der Schweiz zusehends domestiziert.
Ein Tisch von Ikea mit Brocki-Stühlen drumherum, ein Poster in Schwarz-Weiss über der Chesterfield-Couch: Eigentlich leben wir wie ein Haufen gleichgeschalteter Bünzlis und unverbesserlicher Nostalgiker. Wieso eigentlich? Und wieso merkt das irgendwie niemand?
In Zürich lautet eine der ersten Fragen häufig: «Wo wohnst Du?» Und ob Du nun mit «Oerlikon», «Wiedikon» oder «Seefeld» antwortest, spielt eine Rolle. Bist Du bieder, bist Du hip oder bist Du reich? Manchmal wirkt es so, als ob Dein Wohnort in Zürich Deiner neuen Bekanntschaft mehr über Dich auszusagen scheint als Beruf, Humor, Hobbies, Freunde…
Wohl kaum eine andere Nation zelebriert ihren Bergfolklorismus so sehr wie die Schweiz und lässt ihn sich auch dementsprechend viel kosten. Dies zu hinterfragen gehört nicht zum guten Ton in diesem Land – wie die «Arena» vom letzten Freitag wieder mal deutlich machte. Das hat viel mit unserer Vergangenheit zu tun.
Und wieder ist sie da, die Steuererklärung. Konstante in der jährlichen Korrespondenz zwischen dem Kanton Zürich und mir. Zuverlässige Ursache von Ärger, Raubvogel der Zeit, Manifestation der Überforderung. Denn neben dem Umstand, dass in diesen unzähligen Faltblättern mehr implizite politische Sprengkraft liegt als in jeder Sonntagszeitung, ist sie wohl für viele Bürger vor allem eines: kompliziert.
Nach den Bluttaten in Paris kommen, rufen und marschieren sie wieder: die Kulturkrieger. Gegen den Islam, für das Abendland. Sie geben einem vermeintlichen «Clash of Civilizations» Auftrieb. Hatte Samuel Huntington mit seiner These also Recht?
Die Zürcher Krawalle von letzten Freitag war hirnrissig. Viele Reaktionen darauf auch. Nachdenken bitte. Wirken wir dem dritten Newtonschen Axiom ein wenig entgegen.
Wer wird der neue Presse-Papst der Falkenstrasse? Im Vorfeld der Ernennung kommt viel Rauch aus den medialen Kaminen. Jüngstes Beispiel: Roger Köppels persönliches Empfehlungsschreiben für Markus Somm. Die Diskussion der Nachfolge auf der NZZ-Chefredaktion ist auch ein Kampf um Deutungshoheiten. Ist die liberale Linie von Zürichs Traditionsblatt in Gefahr?
Weise Wesen denken in Varianten. Nehmen wir darum mal an, die Goldinitiative wird am Sonntag angenommen: Dann sollten wir uns schnell überlegen, wohin mit dem ganzen unverkäuflichen Gold. Sicher nicht unter Berner Erde! Das wäre Verschwendung. Für Zürich hingegen ergäben sich damit ungeahnte, kreative Entfaltungs-Möglichkeiten. Zeit für eine Liste.
Ich war erstaunt. Letzthin berichtete das Newsportal Watson über mich – und offenbarte mir dabei bisher unbekannte Facetten meiner selbst: S. Gisler. Frau. SVP-Delegierte. Glühende Verehrerin des Königs von Herrliberg.